Silo ist nicht mehr da.
Silo war eigentlich immer da. Zumindest für die RuderInnen der älteren Generationen war Silo immer präsent: Als Protektor auf dem Bootsplatz, als Trainer im Motorboot, als Chef im Regattabüro, als Redner auf dem Sommerfest, als Organisator von Ruderlagern und Wanderfahrten…
Silo hat viele von uns über Jahre begleitet und geformt. Es fing damit an, dass jeder „Silo“ sagen durfte, vom Fünftklässler bis zum Schuldirektor. Es gab bei Silo eine natürliche Autorität, die auch beim Duzen nicht infrage gestellt wurde und an der wir uns orientieren konnten.
Was hat diese Autorität ausgemacht? Silo hat allen das Gefühl vermittelt, für irgend etwas wichtig zu sein. Insbesondere RuderInnen, die Schwierigkeiten hatten sich in der Gemeinschaft zu behaupten, wurden von Silo nicht aus dem Auge verloren und mit Beachtung versorgt.
Ruderinnen und Ruderer, die sich bei besonderen Aufgaben engagiert haben, hatten volles Vertrauen von Silo und konnten weitreichende Entscheidungen selbstständig treffen. Ganz gleich, ob es um die Planung einer Ruderfahrt oder die Begleitung von jüngeren Rudermannschaften ging: Silo hat aus der Distanz einen Blick geworfen, mit Rat unterstützt, wenn er gefragt war; er hat aber niemals eingegriffen und einem die Sache aus der Hand genommen. „Wer nichts macht, macht nichts verkehrt“ war seine Devise, die er nicht nur ausgesprochen, sondern auch gelebt hat. Viele Vereinsmitglieder hatten so ein Übungsraum, in dem sie Fähigkeiten und Selbstvertrauen entwickeln konnten, dass noch heute im Leben hilfreich ist.
Silo konnte sich über manche Situationen wortgewaltig aufregen und seinen Unmut kundtun, ohne einem jedoch persönlich etwas nachzutragen. „Herkommen!!“, „Was ist das für ein Oh Oh??“ oder „Machen!!“ waren oft genutzt Ausrufe oder auch „Man kann nicht breiter kacken, als der Arsch ist!“. Jeder wusste, dass jetzt eine Grenze überschritten und sofortiges Handeln angesagt ist. Dann war aber auch gut…
Unvergessen sind auch Silos unterhaltsamen, lehrreichen und wortwitzigen Vorträge, die er zu jeder Gelegenheit aus dem Stehgreif halten konnte. „Schleusenzeiten sind keine Pausenzeiten“, war der oft genutzte Einstieg für eine Unterweisung über das richtige Verhalten in Schleusenkammern. Aber auch in geselliger Runde hatte Silo immer etwas zum Besten zu geben: Am Abend des Wanderudertages, beim Ehemaligentreffen im Stephanseck oder nach dem freitäglichen Basketball im „Turnzimmer“ war es immer interessant, in Silos Nähe zu sitzen: Entweder gab es eine Geschichte aus der „Anstalt“ zu hören oder Silo zog alte Bilder, einen alten Zeitungsartikel oder sonst irgendetwas aus seinem riesengroßen Ruderarchiv hervor und fing an zu dozieren…So war Silo auch nach seiner Pensionierung bis heute für uns sehr präsent und wir werden die gemeinsam erlebten und gehörten Geschichten noch lange weiter erzählen.
Ebenfalls werden die vielen Spitznamen weiterleben, die Silo kultiviert hat. Seine eigenen Schöpfungen wie „Nervnix“, „Gutemine“, „Kühnhackl“, „Lieschen“ oder „Heinz-Willie“ werden den Namensträgern weiterhin anhaften bleiben und sind so gegenwärtig, dass manch einer gar nicht weiß, wie die Personen wirklich heißen.
Silo hat die hannoversche Ruderwelt aber nicht nur als Persönlichkeit geprägt. Mit viel Liebe zum Detail wurden von Silo Ruderlager und Wanderfahrten geplant, Regattaveranstaltungen unterstützt und Sommerfeste initiert.
Die Ruderfahrten mit Silo werden wir auch wegen der vielen Rituale in Erinnerung behalten: Es gab immer ein „Office“, was mindestens aus einer Kaffeemaschine und einer roten Mappe bestand. In dieser Mappe befanden sich eine Menge handschriftlicher Papiere: Teilnehmerlisten, Bootsbesetzungspläne, Speisepläne und vieles mehr. Seine Kugelschreiber der „Marken rot und schwarz“ hat er stets wohlbehütet.
Der Wanderrudertag begann immer mit einer Tasse Kaffee und endete mit einem Rotwein oder auch einem Bierchen. „Niemals, nie, nicht“ gab es allerdings Nussschmiere auf das Frühstücksbrötchen.
Silo konnte sich in jede Bootsbesatzung einfinden und hat es gut verstanden, sich nicht am Klatsch und Trasch zu beteiligen, der das Miteinander unnötig schwierig macht. Wurden für Spezialaufträge drei „Freiwillige“ gesucht, war das für Silo schnell erledigt: „Du“, „Du“ und „Du“. Die Arbeiten wurden durch seine Okularinspektionen begleitet, sodass bloß kein oh oh passiert.
Unser Kapitän Silo ist nun von Bord gegangen. Aber er hat eine große Gruppe von RVB´lern geprägt, die sich noch auf vielen Veranstaltungen gerne an die gemeinsamen Geschichten erinnern werden. Silo bleibt immer da. „Dergestalt“.
Hirsch